Soforthilfe nach Vergewaltigung: Plakataktion soll sensibilisieren 

Medizinische Soforthilfe nach einer Vergewaltigung ist wichtig. Der Landkreis Waldeck-Frankenberg, das Kreiskrankenhaus Frankenberg, die Kurhessenbahn und der Nordhessische Verkehrsverbund machen daher aktuell mit einer Plakataktion in den Zügen auf das Angebot des Kreiskrankenhauses aufmerksam.

Vergewaltigung ist immer medizinischer Notfall
Eine Vergewaltigung ist ein medizinischer Notfall. Immer. Statistisch gesehen zeigen jedoch leider nur maximal 15 Prozent der Betroffenen eine Vergewaltigung polizeilich an. Auch melden sich nur eine verschwindend geringe Anzahl der Betroffenen nach einer Vergewaltigung im Krankenhaus, um sich medizinisch versorgen zu lassen, obwohl dies wichtig ist, um Verletzungen zu versorgen und Gesundheitsrisiken auszuschließen.

Versorgung und Spurensicherung – auch ohne polizeiliche Anzeige
Das wollen der Landkreis Waldeck-Frankenberg und das Kreiskrankenhaus Frankenberg ändern: Waldeck-Frankenberg ist daher bereits seit 2016 Modellregion für die medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung. Was das heißt? Im Landkreis Waldeck-Frankenberg können sich Betroffene nach einer Vergewaltigung medizinisch versorgen lassen, ohne eine Anzeige bei der Polizei erstatten zu müssen. Denn: Für viele Betroffene kommt eine polizeiliche Anzeige nach einer Vergewaltigung nicht in Frage oder sie fühlen sich vorerst nicht in der Lage, diese Entscheidung zu treffen. Daher wenden sie sich häufig nicht an die Polizei und bleiben oft medizinisch unterversorgt, weil sie befürchten, zu einer Anzeige gedrängt zu werden. Im Kreiskrankenhaus Frankenberg können sich Betroffene versorgen und Spuren sichern lassen. Auch später kann dann noch eine Anzeige erfolgen.

Seelische und körperliche Verletzungen
Betroffene tragen häufig seelische und physischen Verletzungen davon „Dieses Angebot, welches wir schon seit einigen Jahren gemeinsam mit der Kreisklinik anbieten ist so wichtig, damit Betroffene zunächst die körperlichen Verletzungen der Tat versorgen und sich medizinisch beraten lassen können“, sagt Landrat Jürgen van der Horst. Nach der Versorgung im Kreiskrankenhaus bestehe zudem die Möglichkeit, sich auch zur psychischen Seelsorge vom Fachdienst Frauen und Chancengleichheit ein entsprechendes Angebot vermitteln zu lassen. „Nach so einer traumatischen Erfahrung möchten wir den Betroffenen bestmöglich Unterstützung leisten“, betont auch der Erste Kreisbeigeordnete Karl-Friedrich Frese.

"Die Untersuchung und medizinische Versorgung sind daher für alle kostenfrei. Wenn Betroffene eine Sicherung der Spuren wünschen, auch wenn sie zurzeit noch keine Anzeige erstatten wollen, erfolgt dies für Sie ebenfalls ohne Kosten.“ Die gesicherten Spuren würden für ein Jahr in der Rechtsmedizin in Gießen aufbewahrt. Für Minderjährige beginnt die einjährige Aufbewahrungsfrist mit dem 18. Lebensjahr. „Sollten sich Betroffene in diesem Zeitraum zu einer Anzeige entschließen, können die gesicherten Spuren dann von der Polizei verwendet werden. Kommt es nicht zu einer Anzeige, wird das Material nach Ablauf eines Jahres vernichtet“, erläutert Dr. Volker Aßmann, Chefarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe am Kreiskrankenhaus Frankenberg die Möglichkeiten.

Mehr Aufmerksamkeit, mehr Hilfe
Mit großen Plakaten wird derzeit in den Zügen in Waldeck-Frankenberg auf das Angebot aufmerksam gemacht. „Es ist erschreckend, dass nur 15 Prozent der Straftaten angezeigt werden. Für Waldeck-Frankenberg bedeutet das mit 23 gemeldeten Fällen in 2022 eine Dunkelziffer von bis zu 460 Fällen“, betonen die Frauenbeauftragte des Landkreises Beate Friedrich und ihre Stellvertreterin Miriam Drüppel. „Das bedeutet leider auch, dass ein Großteil der Betroffenen sich nicht medizinisch versorgen lässt, was nach einer Vergewaltigung zwingend notwendig ist“, so Dr. Aßmann weiter. „Deshalb ist es umso wichtiger, dass es viele Anlaufstellen für Mädchen und Frauen gibt und es freut uns, dass wir uns zu den 36 angeschlossenen Häusern der Initiative zählen können, die in 27 Regionen der Bundesrepublik tätig sind“, betont Margarete Janson, Geschäftsführerin der Kreisklinik.

Auf das Thema, das leider immer noch ein Tabuthema ist, soll durch Aktionen wie die Plakat-Kampagne in den Zügen immer wieder aufmerksam gemacht werden. „Wenn die Botschaft der Kampagne auf dem Weg zur Arbeit, zum Feiern, zum Einkaufen oder nach Hause immer wieder auftaucht, werden immer mehr Menschen für dieses Angebot sensibilisiert“, sind sich auch Jens Wrabletz, Geschäftsleiter der Kurhessenbahn und Wolfgang Rausch, Geschäftsführer des Nordhessischen VerkehrsVerbunds sicher und unterstützen die Aktion daher gern.

Die medizinische Soforthilfe nach Vergewaltigung wird vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration gefördert. Weitere Informationen zum Thema gibt es online auf der Webseite des Landkreises oder auf der Webseite des Kreiskrankenhauses Frankenberg. Hier wird auch genau der Ablauf erklärt, welche Untersuchungen erfolgen und wie die Beweissicherung aussieht.


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