Edersee: Landkreis und Kommunen setzen sich für veränderte Bewirtschaftung ein
Gemeinsam mit der Stadt Waldeck, der Gemeinde Edertal, der Stadt Bad Wildungen und der Gemeinde Vöhl setzt sich der Landkreis Waldeck-Frankenberg für eine Weiterentwicklung der Wasserbewirtschaftung des Edersees ein. Entsprechende Resolutionen mit gleichlautenden Botschaften wurden dazu kürzlich in den kommunalen Parlamenten verabschiedet. Das Ziel: Eine Steuerung des Wasserstandes, die sowohl den Erfordernissen der Weser-Schifffahrt, als auch dem Naturschutz und Tourismus am Edersee Rechnung trägt.
Wasserstand so niedrig wie selten
Ein vertrocknetes Seebett, leere Stege und die aufgetauchten Ruinen des Edersee-Atlantis: Das Bild ist jeden Sommer ein ähnliches – mal früher, mal später. In diesem Jahr ist der Wasserstand aber so extrem niedrig wie selten. Das hat die Kommunalpolitik in Waldeck-Frankenberg nochmals zum Anlass genommen, die Verantwortlichen bei Land und Bund ein weiteres Mal dazu aufzufordern, das Konzept zur Steuerung des Wasserstands anzupassen. In ihrer Resolution plädieren Sie für gleichwertige Lebensverhältnisse, eine ausgewogene Interessenabwägung und eine präzisere und klimaabhängige Steuerungstechnik unter Berücksichtigung von Lebensqualität, Ökologie und Naturschutz.
Forderung nach einem dauerhaft angemessenen Wasserstand in der Talsperre
„Jedes Jahr im Sommer sehen wir einen leeren Edersee. Das ist ein Problem – nicht nur für den Tourismus und die Gastronomie am See, sondern auch für Ökologie, Naturschutz und unsere regionale Wirtschaft“, betont Landrat Jürgen van der Horst. „Wir fordern daher Land und Bund dazu auf, eine ausgewogene Interessenabwägung vorzunehmen, um einen dauerhaft angemessenen Wasserstand in der Talsperre zu gewährleisten – als Basis für Grundversorgung, Wohnen und Arbeiten in der Region“, erläutert der Erste Kreisbeigeordnete des Landkreises Karl-Friedrich Frese weiter. Aus diesem Grund habe auch der Kreistag des Landkreises nicht nur einer entsprechenden Resolution des Kreisausschusses, sondern auch einem thematisch passenden Resolutionsantrag von den Fraktionen von FDP, Freien Wählern und Bündnis90/DIE GRÜNEN zugestimmt.
Veraltete Betriebsvorschriften
Damit wollen die Kommunen gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen, Chancen für die Entwicklung der Region eröffnen und eine ausgewogene Interessenabwägung erreichen. „Die Betriebsvorschrift für die Edertalsperre ist veraltet und bevorzugt einseitig die Interessen der Schifffahrt auf der Oberweser. Zwischenzeitlich gefundene Kompromisslinien bei der Bewirtschaftung sind sogar wieder zuungunsten des Edersees aufgegeben worden“, moniert der Bürgermeister der Nationalparkstadt Waldeck Nicolas Havel. Auch die Kommunen entlang der Weser könnten von den Forderungen profitieren – möglicherweise greifen sie diese in ihren eigenen Resolutionen auf.
Erweiterung des Wintersparbetriebs
„Wir brauchen eine Steuerung des Wasserstands, die Wetter- und Klimadaten mit einbezieht und keine ereignisorientierte, sondern langfristig gesteuerte Wasserabgabe“, ergänzt der Bürgermeister der Nationalparkgemeinde Edertal Frederik Westmeier. Weiterhin müsse der Wintersparbetrieb – also eine gedrosselte Wasserabgabe von November bis Februar – um den Monat März erweitert werden, um sicherzustellen, dass die Talsperre jährlich Ende Mai vollständig gefüllt sei.
Anpassung des Hochwasserschutzvolumens
„Gemeinsam gilt es Lösungen zu finden, von denen alle profitieren“, führt der Bürgermeister der Nationalparkgemeinde Vöhl Karsten Kalhöfer weiter aus. „Das frühere Triggerlinienmodell war ein gutes Beispiel dafür, wie Interessen in Einklang gebracht werden können. Je länger das Wasser im Edersee bleibt, desto länger kann auch die Weser versorgt werden. Die situative Anpassung des Hochwasserschutzvolumens ist ein weiteres Thema. Genau solche Ansätze sollten wir weiterentwickeln, nicht aufgeben.“ Der Edersee dient dem Hochwasserschutz, um – bei stark anhaltendem Niederschlag oder Tauwetter – als Rückhalteraum zu fungieren. Hier fordert die gemeinsame Resolution von Landkreis und Kommunen eine Anpassung des Hochwasserschutzvolumens von 10 Millionen Kubikmeter auf fünf Millionen. Damit könnte man den klimatischen Veränderungen begegnen und den Hochwasserschutz situativ daran anpassen.
Verschlechterung der Fauna und Flora an Uferbereichen
Nicht zuletzt bietet der Edersee als Ökosystem auch zahlreichen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum. „Eine schnelle und starke Wasserabgabe aus der Edertalsperre dient zwar dem Schutz der Wasser-Lebensräume an der unteren Eder und Oberweser, führt aber zu einer Verschlechterung von Fauna und Flora in den Uferbereichen des Edersees“, führt der Erste Stadtrat der Stadt Bad Wildungen Hartmut Otto weiter aus. „Wir brauchen hier eine Berücksichtigung des Nationalparks Kellerwald-Edersee, der Natura-2000-Gebiete und der EU-Wasserrahmenrichtlinie.“
Gemeinsam setzen sich die Vertreter von Landkreis, Städten und Gemeinden daher dafür ein, dass ein Umdenken stattfindet – hin zu einer zeitgemäßeren Bewirtschaftung der Talsperre des Edersees und einer gleichermaßen Berücksichtigung der verschiedenen Interessen.
Hintergrund
Die Edertalsperre wurde 1914 in Betrieb genommen, diente seitdem dem Hochwasserschutz und sichert bis heute die Wasserversorgung der Oberweser. Mit fast 200 Millionen Kubikmeter Fassungsvermögen ist der Edersee der drittgrößte Stausee Deutschlands. Die Bewirtschaftung der Edertalsperre ist seit Jahrzehnten Gegenstand öffentlicher Erörterungen. Dabei geht es immer wieder um den Interessenausgleich zwischen dem für die Schifffahrt auf der Oberweser bedeutsamen möglichst ganzjährig sicherzustellenden Wasserstand und den Belangen von Tourismus, Gastronomie, Wirtschaft, Ökologie und Naturschutz am Edersee.
Bildunterschrift: Gemeinsam haben der Landkreis und die Städte Waldeck und Bad Wildungen sowie die Gemeinden Edertal und Vöhl gleichlautende Resolutionen für eine Weiterentwicklung der Wasserbewirtschaftung des Edersees beschlossen und an Vertreter von Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt übergeben. Beim Termin waren auch Vertreter aus Politik, Tourismus, des Landes Hessen und des Regierungspräsidiums Kassel. Der Termin fand statt an der Alten Aseler Brücke, die normalerweise viele Meter unter Wasser liegt. (Foto: Landkreis Waldeck-Frankenberg)